Seit einer allgemeinen Schätzung 2001 hat sich die Infektion durch HIV in Osteuropa bis zum Jahr 2008 beinahe verdoppelt. Da die Zahl der Infizierten und damit auch die Infektionsgefahr bis 2012 stetig zunahm und auch weiterhin exzessiv zunimmt, bedeutet das auch einen exponentiellen Anstieg an Neuinfektionen, auch in den kommenden Jahren. Die Epidemie betrifft in Osteuropa vor allem Sexarbeiter und -arbeiterinnen, sowie ihre Sexualpartner, wobei auch die Anzahl infizierter Frauen rapide zunimmt.
Aktuell schätzen Experten die zunehmende Ausweitung der Infektion weit über die Grenzen der größten Brennpunkte in Form von Russland und der Ukraine hinaus als sehr wahrscheinlich ein. Die Russische Föderation und die Ukraine beherbergen laut Schätzungen etwa zwei Drittel der HIV-infizierten Bevölkerung und zeichnen sich für über 90% der Infektionen durch HIV in Osteuropa verantwortlich. Ihre Prävalenzraten bei Erwachsenen zählen zu den höchsten weltweit.
Schätzungsweise 1,6% der russischen und 1,1% der ukrainischen Bevölkerung sind bereits infiziert. Weitere Länder mit hohen Anteilen an HIV-Infizierten sind unter anderem Weißrussland, Lettland und Estland. Die Überlappung von Sexarbeit und injizierendem Drogenmissbrauch in diesen Regionen fördert das Infektionsrisiko zusätzlich. Gleichgeschlechtliche Sexualpartner, insbesondere Männer, sind von Infektionen durch HIV in Osteuropa mit einer Prävalenz von rund 5-10% betroffen. Genaue Aussagen über die tatsächliche Verbreitung lassen sich lediglich schätzen, da die meisten Infizierten ihre Infektion nicht melden. War die erfasste Zahl von HIV-Infizierten in der Ukraine oftmals vergleichsweise niedrig, wurde die tatsächliche Zahl Ende 2007 auf ungefähr 440.000 Infizierte, darunter 190.000 betroffene Frauen, geschätzt. Aktuelle Schätzungen gehen, trotz vermehrter Behandlungen, weiterhin von einem deutlichen Anstieg aus.
Situation der HIV positiven Menschen in Osteuropa
Inhaltsverzeichnis zum Thema HIV in Osteuropa:
Viele der von einer Infektion mit dem HI-Virus Betroffenen verzichten auf das Melden ihrer Infektion. Aufgrund des mangelhaft ausgeprägten Gesundheitswesens, fehlender Aufklärung und unzureichender Bestimmungen nehmen große Teile der Bevölkerung eine HIV-Infektion nicht ernst genug, ignorieren Symptome oder geben nach Ausbruch und Verschlimmerung der Krankheit AIDS auf.
Es kommt erschwerend hinzu, dass es häufig Ärzte gibt, die eine Behandlung von Patienten wegen der eigenen Ansteckungsgefahr ablehnen. Außerdem werden Drogenabhängige und Sexarbeiter weltweit diskriminiert und benachteiligt, sodass eine Infektion durch HIV in Osteuropa oftmals schon aufgrund der Art des Zuzugs(Drogenmissbrauch, Prostitution) nicht oder sehr eingeschränkt untersucht und behandelt wird. Aufgrund der zunehmenden Verbreitung und der steigenden Infektionsgefahr ist in den kommenden Jahren allerdings ebenfalls mit einem enormen Anstieg an Behandlungs- und Pflegebedarf, sowohl für erst kurz Infizierte, als auch an AIDS Erkrankte, zu rechnen. Allerdings ist eher eine stetige Abnahme dieses bereits vorhandenen Bedarfs, im Vergleich zur Zahl der Infizierten, zu verzeichnen. Obwohl bei der Bekämpfung von HIV und dadurch ausgelöst AIDS, große Fortschritte gemacht worden, erhielten beispielsweise in der Ukraine 2007 nur 7.657 der erfassten AIDS-Patienten(rund 35%) eine hochaktive antiretroviralen Therapie, kurz HAART.
Verglichen mit der geschätzten Zahl der Infizierten ist die Zahl der Behandelten in der Ukraine und im kompletten osteuropäischen Raum ausgesprochen niedrig. Aufgrund der geringen Löhne existieren zudem in den Epidemiegebieten häufig keine gesetzlichen Sozial- und Krankenversicherungen, welche eine Behandlung für eine HIV-Infektion abdecken würden.
Prävention und Eindämmung von HIV in Osteuropa
Um der Ausbreitung des HI-Virus und dem erhöhten Infektionsrisiko in Osteuropa entgegen zu wirken, werden von technologisch fortschrittlicheren Industriestaaten und auch privaten Organisationen häufig sogenannte HIV-Präventions- und Harm-Reduction-Dienste in den betroffenen Ländern angeboten. Dabei handelt es sich sowohl um die Unterstützung der Regierungen der betroffenen Staaten mithilfe von Geldern, medizinischen Gütern, ausgebildeten Fachkräften und professioneller Kampagnenplanung, als auch um die Hilfe, welche der Bevölkerung direkt zuteilwird.
Dazu zählen unter anderem psychische Betreuung, darin inbegriffen die Aufklärung der Bevölkerung über HIV und die Ermutigung seine Infektion zu melden und sich untersuchen zu lassen, und die physische Betreuung, beispielsweise die eigentliche Untersuchung von potentiellen Infizierten mittels geeignetem Equipments, der Betroffenen. Während im Fokus dieser Unterstützung primär die Bekämpfung von HIV in Osteuropa steht, sind damit verbundene sekundäre Ziele die Einschränkung des Drogenkonsums und damit inbegriffen die Senkung der Kriminalitätsrate, sowie die Aufmerksamkeit der Menschen auf die Wichtigkeit von Verhütung zu lenken.
Da die Verbreitung von HIV und soziale Probleme untrennbar miteinander verbunden sind, wird anhaltend gegen beides vorgegangen, um langfristigen Erfolg zu erzielen.
Behandlungsmöglichkeiten von HIV in Osteuropa
Die Betroffenen, welche das Glück haben eine Behandlung zu erhalten, werden, sofern es die medizinischen Zustände zulassen, oftmals mit einer hochaktiven antiretroviralen Therapie behandelt. Dabei handelt es sich um eine Kombinationstherapie, bestehend aus mindestens drei antiretroviralen Medikamenten, die eine frühzeitig erkannte HIV-Infektion eindämmen und bestenfalls vollständig beseitigen sollen.
Da die Mittel dafür äußerst begrenzt sind, erfolgt bei vielen der Therapien jedoch nur eine Behandlung mit minimalen Dosen in maximal vertretbaren Abständen, was nahezu unzureichend ist. Die Therapie ist äußerst wirksam gegen das HI-Virus, bringt jedoch zahlreiche Nebenwirkungen mit sich. Außerdem ist sie äußerst kostenintensiv, sodass sich die wenigsten Bürger der osteuropäischen Staaten eine derartige Behandlung privat leisten können. Die von der Regierung zur Verfügung gestellten Geldmittel reichen häufig nur aus, um eine Behandlung von einem Bruchteil der Bevölkerung zu finanzieren.
Die Bekämpfung der Ursachen erfolgt durch von Privatorganisationen und Regierungsseite eingerichteten Antidrogenkampagnen, dem Aufbau von Entzugskliniken und der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften zur Aufklärung, vor allem in den ärmeren Bevölkerungsschichten. Häufig erfolgt auch eine erweiterte Kombinationstherapie, um die zunehmend zu beobachtende Ko-Infektion Tuberkulose gemeinsam mit der vorhandenen HIV-Infektion zu bekämpfen.