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HIV in Frankreich

Frankreich liegt mit 133.000 Betroffenen, die sich mit dem HI-Virus infiziert haben, im Ländervergleich derzeit an 48. Stelle (Stand 2012). Auf 1.000 Einwohner kommen nach staatlichen Angaben 2,18 infizierte Personen. Die Zahlen sind zwar erheblich niedriger als die in den am schlimmsten betroffenen Ländern Schwarzafrikas. Dennoch ist die Anzahl der Infektionen mit HIV in Frankreich um einiges gravierender als beispielsweise in Deutschland, wo die Zahl mit 0,56 Betroffenen auf 1.000 Einwohner wesentlich niedriger ist.

Die Gründe dafür sind unter anderem darin zu suchen, dass der Anteil vor allem nordafrikanischer Migranten sehr hoch ist. Durch die ehemaligen afrikanischen Kolonien Frankreichs ist der Zulauf aus den Ländern Schwarzafrikas, in denen sehr viele Menschen mit HIV infiziert sind, ebenfalls höher als in anderen europäischen Ländern. Für Aufregung sorgte im Jahre 1991 die Aufdeckung, dass zwischen 1984 und 1985 mit dem Wissen von Ärzten und Institutsleitern kontaminierte Blutkonserven an Patienten verabreicht wurden. 1991 hatte eine Ärztin und Journalistin den Skandal publik gemacht.

Daraufhin setzte eine Untersuchung ein, mit der die Vorgänge um den „Blutskandal“ aufgeklärt wurden. Den verantwortlichen Mitarbeitern des Blutskandals wurde vorgeworfen, die kontaminierten Konserven verwendet zu haben, um die Restbestände zu verbrauchen. Nach bisherigen Erkenntnissen wird davon ausgegangen, dass circa 4.000 Menschen durch belastete Präparate mit dem HI-Virus infiziert wurden. Mehrere Angeklagte wurden deshalb zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Durch die Verfahren wurde die Öffentlichkeit stark mobilisiert, viele Hilfsprojekte auf privater Initiative und staatlicher Basis wurden danach ins Leben gerufen.

Umfassende Betreuung von Menschen mit HIV in Frankreich

Frankreich setzt sich seit der Aufdeckung des Skandals verstärkt für die HIV-Forschung und HIV-Behandlung ein. Jeder legale Einwohner des Landes hat Anspruch auf Behandlung und Versorgung im Falle einer Infizierung mit HIV. Dabei spielt es keine Rolle, ob er Beiträge zur Krankenversicherung geleistet hat oder nicht. Die Versorgung schließt auch Krankenhausaufenthalte im Falle eines Ausbruchs der Erkrankung und Tests von Risikogruppen mit ein.

HIV Tests in Frankreich sind kostenlos und werden anonym durchgeführt. Eine weitere Maßnahme besteht in der Verabreichung von antiretroviralen Medikamenten an Personen, die wegen ihrer Lebensweise oder Umgebung als besonders gefährdet eingestuft werden. HIV-Tests während der Schwangerschaft werden angeboten, sind aber zum Bedauern vieler Kritiker nicht verpflichtend. Jeder Arzt hat das Recht, die Schwangerschaft einer mit HIV positiven Frau zu begleiten und zu behandeln. Ein legaler Schwangerschaftsabbruch ist bei Vorliegen einer HIV-Infektion ebenfalls möglich.

Vorreiter bei Forschung und Entwicklung

Frankreich gilt als einer der Vorreiter bei Forschung und Finanzierung von Programmen, die sich mit dem HI-Virus befassen. Durch frühzeitig bereitgestellte Gelder konnten die Anstrengungen, nach Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten von HIV zu suchen, intensiv durchgeführt werden. Bereits zwischen 1982 und 1984 entdeckten neben den amerikanischen auch französische Wissenschaftler den Erreger der Infektion. Auch heute noch wird den Programmen, die der Eindämmung und Verbreitung von HIV in Frankreich und vor allem in den Entwicklungsländern dienen, besondere Bedeutung beigemessen.

Früherkennung und ein für alle Betroffenen möglicher Zugang zu den Behandlungsmethoden steht dabei an erster Stelle. Der Bereich der Forschung wird ebenfalls stark vorangetrieben. Verschiedene französische Institute, die sich der wissenschaftlichen und medizinischen Forschung, arbeiten konstruktiv zusammen. Dazu gehören neben Organisationen wie INSERM und dem international renommierten Institut Pasteur vor allem das staatlich unterstützte „Institut für Aids– und Hepatitisforschung“ (ANRS), das alle Projekte federführend koordiniert. Das Institut unterstützt eine Vielzahl von Forschungsprojekten und Maßnahmen und finanziert solche Projekte, die der Erforschung und der Behandlung von HIV in Frankreich dienen. Vor allem im Süden des Landes wird durch ANRS die Aufklärung der Bevölkerung über Ansteckungsgefahr und Vorsorge verstärkt betrieben, um die Zahl der Neuinfizierungen zu verringern. Maßgeblich beteiligt waren französische Mediziner auch an der Entwicklung der drei Medikamente, die als Kombination angewendet heute als klassische Therapie bei einer HIV-Infektion gelten.

Die Impfforschung ist ein weiteres wichtiges Projekt von ANRS. In Zusammenarbeit mit dem Vaccine Research Institute (VRI) wurden 15 verschiedene Impfstoffe entwickelt, die zuvor an gesunden Freiwilligen erprobt und getestet worden waren. Die Entwicklung von Schnelltests in Frankreich, die auch von Menschen ohne ärztliche Ausbildung angewendet werden können, ist ein wichtiger Fortschritt auf dem Weg zur Eindämmung von HIV-Infizierungen. Durch sie besteht begründete Hoffnung, eine Infektion mit HIV ohne lange Wartezeiten schnell zu erkennen und eine Weiterverbreitung zu verhindern. Auch an diesem Projekt ist die ANRS maßgeblich beteiligt. Eines der Forschungsergebnisse, mit dem herausgefunden wurde, dass Beschneidungen von Jungen die Gefahr von HIV-Infizierungen verringern können, löste in der westlichen Welt eine große Entrüstung aus. Dennoch wurden die Ergebnisse durch amerikanische Forscher inzwischen erhärtet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nahm deshalb Beschneidungen in ihren Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung von HIV mit auf.

Finanzielle Mittel für Erforschung und Prävention

Die Finanzierung von verschiedenen Maßnahmen zur Behandlung von HIV in Frankreich und den Entwicklungsländern genießt in Frankreich einen hohen Stellenwert. Da trotz der intensiven Maßnahmen die Zahl der Infektionen vor allem in den Entwicklungsländern weiterhin ansteigt, hat der französische Staatspräsident angekündigt, die finanziellen Mittel aufzustocken. Dafür soll ein Teil der in Frankreich erhobenen Transaktionssteuer der Erforschung, Behandlung und Prävention von HIV in Frankreich und besonders den frankophonen Ländern Afrikas zufließen.

Weiterhin hat das Land, das der zweitgrößte Beitragszahler des „Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria“ eine Veränderung der Ausschüttung von Geldern in die Wege geleitet. Fünf Prozent des von Frankreich geleisteten Beitrags, immerhin 18 Millionen Euro, bleiben danach den frankophonen Ländern vorbehalten. Damit sollen hochrangige Expertisen und Forschungsprojekte in diesen Ländern vorangetrieben werden. Eine besondere Form der Finanzierung erfolgt durch die Luftverkehrssteuer, die von mehreren Ländern erhoben wird. Eine Teil dieser Steuern fließt dem Projekt „Estheraid“ zu, das Medikamente zur Behandlung von HIV-Infektionen finanziert.

Das Projekt entstand aus einer Zusammenarbeit zwischen der „Internationalen Fazilität für den Kauf von Medikamenten“ (UNITAID), deren Hauptgeldgeber Frankreich ist, und der französischen Interessengemeinschaft „Esther“. Vor allem die Ausgabe der Kombination aus drei Medikamenten, die mittlerweile als klassische Behandlungsmethode anerkannt ist, wird durch „Estheraid“ finanziert. Auch hier übernahm Frankreich eine führende Rolle bei der Bekämpfung der Infektionen durch HIV.

Zahl der Neuerkrankungen stagniert oder sinkt leicht

Durch seine zahlreiche Projekte und Finanzierungsmodelle kommt Frankreich bei der Erforschung und Behandlung eine führende Rolle zu. Vor allem ist das Engagement des Landes, das sich nicht nur mit dem Problem von HIV in Frankreich beschäftigt, sondern auch in den Entwicklungsländern sehr aktiv ist, besonders hervorzuheben. Französische Bürger und Bewohner, die sich legal im Land aufhalten, haben Anspruch auf eine umfassende Betreuung und Behandlung.

Mit seinen Präventionsmaßnahmen gegen HIV in Frankreich belegt das Land ebenfalls einen Spitzenplatz. Die Bemühungen haben dazu geführt, dass die Zahl der Neuerkrankungen an HIV in Frankreich mittlerweile stagniert oder sogar leicht zurückgeht. Durch die Vielzahl der Forschungsprojekte konnte nicht nur der Erreger ausfindig gemacht werden, auch eine Behandlung, die ein relativ normales Leben von Infizierten möglich macht, wurde durch französische Wissenschaftler und Ärzte entwickelt.

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Dieser Artikel wurde von Marion zuletzt überarbeitet am: 13. Oktober 2020.
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