Die Bezeichnung Enzephalopathie wird verwendet für verschiedene gesundheitliche Beeinträchtigungen, die das Gehirn eines Menschen bzw. dessen Gehirnfunktion betreffen. In der Regel ist eine Enzephalopathie vor allem von Veränderungen bestimmt, die das gesamte Gehirn und nicht lediglich bestimmte Areale des Gehirns betreffen. Eine Enzephalopathie kann verschiedene Formen annehmen, die sich aus den unterschiedlichen möglichen Ursachen der Erkrankung ergeben. Eine mögliche Ursache der Enzephalopathie ist eine AIDS– bzw. HIV-Erkrankung. Eine so bedingte Enzephalopathie gilt als opportunistische Infektion bei AIDS bzw. HIV und wird auch bezeichnet als HIV-Enzephalopathie oder AIDS-Demenz.
HIV-Enzephalopathie:
Inhaltsverzeichnis zum Thema Enzephalopathie:
Eine HIV-Enzephalopathie als opportunistische Infektion bei HIV/AIDS kann schon in relativ frühen Phasen einer AIDS/HIV-Erkrankung auftreten. Symptome, die häufig Folge einer HIV-Enzephalopathie sein können, sind beispielsweise emotionale Verflachungen und/oder motorische Defizite (Einschränkungen, die den Bewegungsapparat betreffen).
In der Medizin werden 3 Stadien der HIV-Enzephalopathie beschrieben:
- Im ersten Stadium der Erkrankung zeigen sich beispielsweise geringe Einschränkungen in Bezug auf Gedächtnisleistungen, Aufmerksamkeit, Informationsverarbeitung oder Lernen. In der Regel ist in der ersten Phase das Alltagsleben eines Betroffenen nicht oder lediglich gering eingeschränkt.
- Stadium 2 der Erkrankung ist unter anderem durch eine Symptomverschlechterung in Vergleich zu Stadium 1 gekennzeichnet. Daneben kann es auch zu nun stärkeren Einschränkungen im Alltag kommen. Um Stadium 2 der Enzephalopathie zu diagnostizieren, werden unter anderem neurologische Tests durchgeführt; zeigen sich in mindestens zwei dieser Tests Ergebnisse, die deutlich von den jeweiligen Normwerten abweichen, so kann dies als Kriterium gelten für das Vorliegen des 2. Stadiums einer HIV-Enzephalopathie.
- Ein drittes Stadium der Erkrankung liegt nach medizinischer Definition schließlich vor, wenn die Alltagsbewältigung eines Betroffenen nicht mehr ohne Hilfe möglich ist und wenn Symptome des Stadium 1 (wie beispielsweise Einschränkungen von Gedächtnis, Aufmerksamkeit und/oder Informationsverarbeitung) ein erhebliches Ausmaß aufweisen.
Eine HIV-Enzephalopathie kann auf verschiedene Weise übertragen werden: Möglich ist eine Übertragung von Mensch zu Mensch beispielsweise während des Geschlechtsverkehrs oder über das Blut eines infizierten Menschen. Außerdem kann eine infizierte schwangere Frau die HIV-Enzephalopathie während Schwangerschaft oder Geburt an ihr Kind übertragen. Die Inkubationszeit (also die Zeit zwischen Infizierung und Ausbruch der Enzephalopathie) beträgt in der Regel 2 bis 6 Wochen. Statistiken zufolge sind ca. 25% der AIDS-Patienten weltweit von einer HIV-Enzephalopathie betroffen.
Weitere Formen der HIV Enzephalopathie:
Neben ihrer Form als opportunistische Infektion bei HIV/AIDS kann eine Enzephalopathie verschiedene weitere Hintergründe haben. So kann eine Enzephalopathie beispielsweise verursacht werden durch toxische (giftige) Substanzen, Durchblutungsstörungen, Vitaminmangel oder verschiedene Krankheitserreger. Auch andere Erkrankungen, wie etwa eine chronisch verlaufende Borreliose oder Erkrankungen von Leber oder Niere, können zur Entstehung einer Enzephalopathie führen.
Zu diesen Formen der Enzephalopathie zählt beispielsweise die sogenannte hepatische Enzephalopathie. Mögliche Ursachen sind hier verschiedene Lebererkrankungen wie beispielsweise die Leberzirrhose, die mit einer Funktionsstörung der Leber einhergehen. Aufgrund einer solchen Leberfunktionsstörung kommt es zu einer Anreicherung von Ammoniak im Blut. Hierdurch kann sich dann in der Folge ein Hirnödem (eine Schwellung im Gehirn) bilden. Eine hepatische Enzephalopathie kann verschiedene Schweregrade annehmen; leichte Formen der Erkrankung äußern sich beispielsweise durch Störungen der Konzentration, Schlafstörungen und/oder eine Verlangsamung der Reaktionen. Sehr schwere Verläufe der Erkrankung können (beispielsweise bei Leberversagen) zu einem Leberkoma (Form des Komas) führen.
Die sogenannte urämische bzw. nephrogene Enzephalopathie ist meist eine Folge von Niereninsuffizienz (eine Unterfunktion, die beide oder lediglich eine Niere betrifft). Durch eine Niereninsuffizienz kann sich beispielsweise Harnsäure bzw. Harnstoff im Blut anreichern, die mitverantwortlich sind für eine Schädigung von Nervengewebe im Gehirn. Mögliche Symptome einer nephrogenen Enzephalopathie sind unter anderem Schlaf- und/oder Konzentrationsstörungen, Orientierungsstörungen und Unruhe. Bei schweren Krankheitsverläufen kann eine nephrogene Enzephalopathie zum Koma führen. Ein letztes Beispiel ist die Dialyse-Enzephalopathie, die infolge einer längerfristigen Dialyse (einem Reinigungsverfahren bzw. Nierenersatzverfahren zur Reinigung von Blut) auftreten kann. Vermutlich lagert sich hierbei Aluminium im Gehirngewebe ab, das verschiedenen Dialyseflüssigkeiten beigefügt wird. Mögliche anfängliche Symptome einer Dialyse-Enzephalopathie sind Verwirrtheit und/oder Desorientierung. Im Endstadium einer fortgeschrittenen Dialyse-Enzephalopathie kommt es häufig zu Demenz.
Diagnostische Maßnahmen:
Um eine Verdachtsdiagnose ‚Enzephalopathie‘ weiter absichern zu können, kann vom behandelnden Facharzt beispielsweise die sogenannte Protein Misfolding Cyclic Amplification (PMCA), eine Technik aus der Biochemie zur Identifikation sogenannter falsch gefalteter Proteine (Prionen), durchgeführt werden. Entsprechende Prionen können beteiligt sein an der Entstehung einer Enzephalopathie.
Soll bei einem Patienten eine eventuelle HIV-Enzephalopathie diagnostiziert werden, so findet in der Regel zunächst ein Patientengespräch statt, in dem der Arzt sich beispielsweise nach der Krankengeschichte erkundigt. Neben einer bekannten HIV-Infektion sind Beschwerden, die auf eine HIV-Enzephalopathie hindeuten können, beispielsweise eine beeinträchtigte Feinmotorik, Sehstörungen, Krämpfe, Lähmungen und/oder ein verlangsamtes Handeln. Im Bedarfsfall können der Diagnostik neben der Durchführung von neurologischen Tests noch eine Punktion des Rückenmarks oder ein EEG zur Messung der Hirnströme dienen.
Besteht der Verdacht auf eine hepatische Enzephalopathie, so kann dies je nach Patient und Krankheitsbild beispielsweise geprüft werden durch die Bestimmung des Ammoniakanteils im Blut, die Blutglukose oder durch diagnostische Verfahren wie das EEG (Elektroenzephalografie) oder das Schädel-CT (Computertomografie). Um eine nephrogene Enzephalopathie zu diagnostizieren, erfolgen häufig Maßnahmen wie etwa die Messung verschiedener Hormonspiegel im Blut und die Durchführung eines EEGs, um Gehirnströme zu messen. Das EEG dient meist auch der Diagnose einer Dialyse-Enzephalopathie.
Behandlungsmethoden:
Positiv beeinflusst werden kann die HIV-Enzephalopathie beispielsweise durch die antiretrovirale Therapie, die zur Bekämpfung von AIDS/HIV angewendet wird. Die antiretrovirale Therapie trägt hier vor allem dazu bei, schwere Verläufe einer Enzephalopathie zu verhindern.
Mögliche Behandlungsmethoden bei einer vorliegenden hepatischen Enzephalopathie hängen unter anderem ab von der Ausprägung der Erkrankung beim einzelnen Patienten; in der Regel ist das Hauptziel einer therapeutischen Behandlung hier die Reduktion von Ammoniak im Blut. Dies kann beispielsweise unterstützt werden durch ein Ausgleichen des Stoffwechsels und/oder durch das Verabreichen von Antibiotika, die schlecht resorbierbar sind. Letztere sollen unter anderem dazu beitragen, eine entsprechende Darmflora zu reduzieren, die für die Produktion von Ammoniak verantwortlich ist. Um bei einer nephrogenen Enzephalopathie das Blut eines Patienten von Harnstoff befreien zu können, kommt es häufig zum Einsatz einer Dialyse. Hierdurch soll eine weiterführende Schädigung von Nervengewebe vermieden werden. Teilweise können sich nach erfolgreicher Anwendung der Dialyse Symptome, die mit einer nephrogenen Enzephalopathie einhergehen, zurückbilden
Eine Therapie der Dialyse-Enzephalopathie ist derzeit nicht möglich. Angestrebt wird ein Verzicht auf Aluminium in Dialyseflüssigkeiten.